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SOUL SURFER – Stefan Friedlein

Meine Geschichte

Ich nenne mich in meiner Helden-Identität „Soul Surfer“, weil ich lange in zwei Seelen – Krisen gefangen war:  Sucht und Depression. Ich habe mich häufig gefragt: Bin ich so nierdergeschlagen, weil ich so viel trinke, oder trinke ich so viel, weil ich so niedergeshlagen bin?

Vorgeschichte: Ich wuchs in einer ländlichen Kleinstatt auf. Schon in meiner Kindheit wurde ich durch meinen stark alkoholsüchtigen Onkel mit dem Thema Alkohol in der Familie konfrontiert. Das Thema Suchterkrankung gab es damals nicht, nur willens- und charakterschwache Menschen. Schuld am „Saufen“ waren immer nur die Menschen, nicht eine Krankheit.

Ich hatte früh mit Melancolie und Depressionen zu kämpfen, was auch mit meiner Erziehung zu tun hat. Zudem war ich meist der der kleinste  Schüler und eher introvertiert. Nach einem traumatischen Erlebnis in der 7. Klasse, das ich nie wirklich verarbeiten konnte, begann ich, mich zunehmend in Tagträume zurückzuziehen.

  • Der Beginn/Auslöser: Eine Krise in der Familie, die zum Bruch mit dem Elternhaus führte und meine Exitnz bedrohte, war der erste Wegbereiter für mehr depressive Gefühle. Zunehmender Stress im Berufsleben, der einherging mit vielen ausufernden Betriebsfeiern, war der beginn meines riskanten Alkohol Konsums.  Und – der Alkohol wurde zu einem festen Bestandteil meiner Alltagsbewältigung: „Runterkommen“
  • Die Krise: Weiter zunehmender Arbeitsdruck führte zu zwei Burnouts, zu deren Zeitpunkt ich bereits sehr viel Getrunken habe. Dennoch konnte ich mich nur zum Burnout bekennen, aber aus Scham nicht meiner Sucht stellen. Fatal! Es kam wie kommen musste:
  • Die Eskalation: Im weiteren Verlauf wurde ich wegen des Jobs immer verzweifelter. So trank ich weiter, mehr und härter. Nachdem ich infolge dessen, mehrfach nicht ansprechbar aufgefunden wurde und spürte, dass mir mein gesamtes Leben zu entgleiten drohte, habe ich im letzten Moment klaren Verstandes meinen Hausarzt um einen sofortigen Termin regelrecht angefleht.
  • Wendepunkt: Zwei Stunden nach dem ich bei meinem Arzt abgerufen habe, saß ich seiner Praxis und sprach ich zum ersten Mal offen über ALLE meine Probleme. Das war extrem befreiend.
  • Schritt zurück, Anlauf: Nur 2 Wochen nach dem Arzttermin klingelte ich das erste Mal bei der Fachambulanz für Suchterkrankungen. Dort traf ich auf meine Lebensrtetter. So viel Respekt und Anerkennung hatte ich bis dahin nicht erfahren. Die ersten Sätze der ersten ambulanten Therapiestunde haben sich für immer in mein Gedächtnis eintätowiert: „Das was Sie heute tun, Herr Friedlein, erfordert viel Mut, Energie und Courage. Sie können Stolz auf sich sein, nicht alle finden die innere Stärke hierfür aus eigenem Antrieb und Willen. Das ist aber auch die gute Nachricht, denn das sind die weitaus besten Voraussetzungen.“
  • Heute: Ich bin seit vielen Jahren abstinent und habe, nach einer weiteren Therapie, auch meine Depression weitgehend unter Kontrolle. Im Beruf habe ich seitdem meine größten Erfolge  gefeiert (natürlich alkohlfrei). 2021 habe ich eine Selbsthilfegruppe gegründet.
  • Was mir besonders geholfen hat: 
    • Meine absolute, schambefreite Offenheit. Mein Gedanke war: „Dort, wo ich etwas zurückhalte oder verheimliche, dort kann mir auch niemand helfen“ 
    • Gemeinschat in der Therapie
    • Die soziale Kontolle
    • Mein weltbestes Selbsthilfe-Team
  • Was ich mir wünsche: Ich wünsche mir, dass psychische Erkrankungen und Sucht nicht mehr tabuisiert werden. Es braucht mehr Aufklärungsarbeit und bessere Unterstützungssysteme, um Betroffenen den Weg zur Genesung zu erleichtern. Ich wünsche jedem Menschen die Kraft, sich allen Herausforderungen zu stellen und, wenn nötig, völlig selbstverständlich Hilfe anzunehmen. Es lohnt sich! 

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