
Superhelden*innen Identität
‚Die wilde Jenny‘
…sagte eine Kollegin zu mir, als sie erfuhr, dass ich den Motorradführerschein gemacht hatte. Hätte ich weiter getrunken, hätte ich diesen Führerschein nie machen können und Motorrad fahren wäre nicht mein Hobby geworden.
Persönlicher Suchtverlauf
Als Einzelkind bin ich in einem wohlbehüteten Elternhaus aufgewachsen. Meinen ersten Kontakt mit Alkohol hatte ich mit ca. 16 Jahren. Ich tat immer, was andere von mir erwartet haben und bin stetig über meine Grenzen gegangen. Den Frust darüber habe ich mit Alkohol runtergespült.
Eines Tages trank ich bereits morgens um meine Entzugserscheinungen in den Griff zu bekommen. Ab da konnte ich nicht mehr aufhören zu trinken. Kontrolliertes Trinken war für mich unmöglich. Ich wusste nicht, wo ich Hilfe bekommen hätte können.
Meine Hausärztin war völlig überfordert mit mir und meiner Alkoholkrankheit. Ich trank weiter….bis zum 26.04.2006.
Wendepunkt
Bei einer alkoholisierten Autofahrt um Alkoholnachschub einzukaufen, griff mich die Polizei auf. Mein festgestellter Promillewert war Lebensgefährlich und ich wurde mit dem Krankenwagen in eine geschlossene Entziehungs- und Entgiftungsklinik gebracht. Man glaubt es vielleicht nicht, aber als ich in diesem Krankenwagen lag, war ich erleichtert, dass es endlich ein Ende hatte und mir jetzt geholfen wird.
Herausforderungen
Nach meinem Aufenthalt in der geschlossenen Entziehungs- und Entgiftungsklinik zählte ich anfangs jeden Tag, den ich ohne Alkohol gemeistert hatte.
Meine Scham war riesengroß und mein Selbstwertgefühl klitzeklein. Mein Suchtgedächtnis lies mich nächtens ziemlich realistisch von Alkohol träumen und erinnerte mich tagsüber des öfteren, dass doch jetzt genau in diesem Moment in guter Moment um zu trinken wäre…ich trank aber nicht mehr.
Meine Superkräfte
Durchhaltevermögen, Empathie, Selbstreflexion, Aufgeschlossenheit, Achtsamkeit(eigentlich mag ich dieses Wort überhaupt nicht). Es gibt bestimmt noch Einige, die es zu entdecken gibt…
Säulen & Ventile
Heute denke ich mir in Krisensituationen oft, dass ich früher an gleicher Stelle getrunken hätte und bin stolz auf mich, nicht mehr zu trinken.Ich liebe mein Leben ohne Alkohol, habe neue Hobbies wie Motorrad fahren und ich habe mich zusätzlich zu meinem Hauptberuf selbständig gemacht.
Ich habe jetzt ein wunderbares soziales Netz, auf das ich mich verlassen darf. DANKE dafür !!!!
Ich bin stolz auf
meinen Mut, Teil dieser Ausstellung sein zu dürfen und mit meiner Krankheit in die Öffentlichkeit zu treten. Es hat viele, viele Jahre gedauert so mutig zu werden.
Meine Botschaft
Ich möchte allen, die meine Geschichte gerade lesen zeigen, dass Alkoholkrankheit keine Charakterschwäche ist. Man kann die Krankheit nur durch Abstinenz stoppen. Ich bin dankbar, jeden Tag frei entscheiden zu dürfen….ohne Alkohol einplanen zu müssen.